Gute Beispiele aus

UN: Botschafter Chowdhury bricht Lanze für Weltbürgerschaft und Stärkung der Frauen

UN-Weltbürgerschaft

UN-Botschafter Anwarul Chowdhury, langjähriger Anwalt der Frauenrechte. Foto: UN Photo/Sophia Paris

Von Josh Butler

NEW YORK, 26. März 2015 (IPS) – Auf einem Forum im Rahmen der diesjährigen Sitzung der UN-Frauenrechtskommission vom 9. bis 20. März in New York hat UN-Botschafter Anwarul Chowdhury als einziger Mann seine Stimme erhoben, um Vorschläge zu unterbreiten, wie die Rolle von Frauen weiter gestärkt werden könnte.

Vor Zuhörern unterschiedlicher Kulturen, Glaubensrichtungen und Hautfarben warb der hoch dekorierte Diplomat und ehemalige Präsident des UN-Sicherheitsrates am 17. März für das Konzept der „Weltbürgerschaft“ als Mittel, Frauen zu mehr Gleichheit und Mitsprache zu verhelfen.

Weltbürgerschaft ist ein Lieblingsthema des UN-Botschafters. Dem Konzept liegt der Gedanke zugrunde, dass sich die Menschen als Teil eines großen Ganzen begreifen müssen, um die existenziellen Herausforderungen nachhaltig meistern zu können. Globale Bürger sind Menschen, die sich der Menschheit verbunden fühlen und in diesen Sinne agieren.

„Wir alle müssen uns global verbunden fühlen. Die Zeiten, in denen wir uns innerhalb enger nationaler Grenzen bewegten, sind vorbei“, betonte Chowdhury und fügte hinzu, dass es notwendig sei, „Frauenrechte und Gleichberechtigung als Menschheits- und nicht nur als Frauenfrage zu betrachten. Männer und Frauen verfügen zusammen über die Kraft, sich gegenseitig zu stärken.“

Der in Bangladesch geborene UN-Vertreter hat im Verlauf seines Berufslebens eine Reihe einflussreicher UN-Posten besetzt. So war er unter anderem Untergeneralsekretär und Hoher Vertreter der ärmsten Länder, Präsident des Weltkinderhilfswerks UNICEF, Vizepräsident des Wirtschafts- und Sozialrats sowie zwei Mal Präsident des UN-Sicherheitsrats.

Neue Herausforderungen, neue Bürgerinnen
Chowdhury ist ein leidenschaftlicher Verfechter des Weltbürgertums. Er setzt sich vor diesem Hintergrund für eine umfassende Bildung junger Menschen ein, damit sie ihren Platz in der Welt finden, ihn zu schätzen wissen und die globalen Herausforderungen begreifen und meistern können.

Das Konzept ist seit längerem bekannt, erlangte aber erst 2012 eine größere internationale Aufmerksamkeit, als es zusammen mit höheren Einschulungsraten und einer Verbesserung der Bildungsqualität zu den drei Prioritäten der „ Initiative Globale Bildung zuerst“ des UN-Generalsekretärs erklärt wurde.

„Weltbürgerschaft meint die Fähigkeit und Kapazität, sich als Teil der Menschheit zu erkennen. Es geht um ein ‚Eins-Sein‘, darum, dass wir alle miteinander und untereinander verbunden sind und voneinander abhängen“, erklärte Chowdhury im IPS-Gespräch. „Die Menschheit wird nicht vorankommen, solange wir nicht alle auf diese Weise empfinden: Was auch immer ich für meine Gemeinschaft tue, wird sich dies positiv oder negativ auf den Rest der Welt auswirken.“

Gemeinsame globale Herausforderungen verlangten nach weitreichenden Veränderungen von Denk- und Handlungsweisen, die im würdevollen Umgang mit den Mitmenschen ihren Ausdruck fänden, heißt es in einer Broschüre, die zum Start der „Initiative Globale Bildung zuerst“ produziert wurde. „Es reicht nicht, Menschen das Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Bildung muss transformativ sein und gemeinsame, für das Leben wichtige Werte vermitteln.“

Bildung müsse zu einem fürsorglichen Umgang mit der Welt führen. Sie müsse zudem den Menschen das Wissen, die Fähigkeiten und die Werte vermitteln, die sie bräuchten, um die gemeinsamen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern. Der Wert der Bildung bestehe darin, zu lernen, wie man Teil einer größeren Welt werden könne.

Chowdhury zufolge sind Wirtschaftsentwicklung, Klimawandel und Frieden die drei größten Herausforderungen, die einer fortgeschrittenen globalen Bürgerschaft bedürfen, um bewältigt werden zu können. „Niemand sollte darauf hoffen, einzig mit seinem an der Universität erworbenen Wissen weiterzukommen. Er muss wissen, was im Rest der Welt vor sich geht.“

Als Mensch geboren zu werden, gehe mit einer gewissen Verantwortung einher, so der UN-Botschafter. Dies beinhalte, dass man sich der Herausforderungen bewusst sei und sich Gedanken darüber mache, wie man am besten Teil der Lösung werden könne.

Aus Vielfalt schöpfen

In seinem Vortrag vor der UN-Frauenrechtsversammlung CSW betonte Chowdhury vor allem die Bedeutung afrikanischer Frauen, „die an vielen Fronten mit Ungleichheit konfrontiert sind“. Mit ihrer Energie, Kreativität und Führungskraft könnten sie allen Frauen, die für die Gleichheit der
Geschlechter einträten, zur Quelle der Inspiration werden.

Wie der UN-Diplomat gegenüber IPS erklärte, bilden sich die Menschen in den Industrieländern nur allzu oft ein, in allem am besten Bescheid zu wissen, über das beste Bildungssystem zu verfügen. „Jungen Leuten wird gesagt, dass sie lernen sollen, damit sie einen Abschluss haben, einen Job finden und Geld verdienen können. Tatsächlich jedoch ist es wichtiger, sich Wissen über die Welt, über deren biologische, sprachliche, kulturelle und ethnische Vielfalt anzueignen.“

Sowohl Chowdhury als auch die „Initiative Globale Bildung zuerst“ verweisen auf zahlreiche Barrieren, die dem Aufbau eines besseren Systems zur Vermittlung von globaler Bürgerschaft im Wege stehen. Dazu gehörten überholte Lehrmethoden und Materialien, im Umgang mit den wichtigen Fragen der Welt unzureichend geschulte Lehrer und die fehlende Bereitschaft, in die Erneuerung des alten Bildungssystems zu investieren.

„Überprüfungen weltweit haben gezeigt, dass die heutigen Lehrpläne und Lehrbücher Stereotypen verbreiten, soziale Trennungen verstärken, Angst und Ressentiments gegenüber anderen Gruppen oder Völkern schüren. Lehrpläne, die als Teil eines partizipativen Prozesses entstanden sind und die ausgegrenzten und marginalisierten Gruppen berücksichtigen, sind eher selten“, heißt es in der Broschüre der Bildungsinitiative.

Chowdhury ist der Meinung, dass die Kosten der Untätigkeit die Kosten und Schwierigkeiten, die Bildungssysteme zu reformieren, übersteigen. „Wir haben Weltbürgerschaft und gegenseitige Verbundenheit ignoriert, Nationalstaatlichkeit hochgehalten und erleben Konflikte. Wir sollten Weltbürgerschaft endlich als einen Wert begreifen, der der Menschheit einiges zu bieten hat.“

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