
Idalia Ramón ist Produzentin für Bio-Schokolade – Bild: Edgardo Ayala/IPS
Von Edgardo Ayala
CALUCO/MERCEDES UMANA, EL SALVADOR, 21.8.2015 (IPS) – Die Schokoladenmasse kommt gerade aus der Maschine. Idalia Ramón und rund zehn andere Frauen nehmen kleine Portionen davon auf, wiegen die Masse und formen daraus Sterne, Rechtecke oder Glocken. Die werden gekühlt, dann verpackt und fertig für den Verkauf gemacht.
Ramón ist noch neu in der Branche. „Ich wusste bisher gar nichts über Kakao“, erzählt sie. Aber ihr neuer Job in einer kleinen Schokoladenfabrik in Caluco im Westen El Salvadors hilft ihr schon jetzt, ihre Einkünfte aufzubessern. Seit ihr Mann gestorben ist, muss Ramón alleine Geld verdienen, um sich und ihre drei Kinder zu versorgen. Bisher hatte sie Tortillas hergestellt und verkauft.
Nicht nur für sie ist die Schokoladenproduktion neu. Obwohl Caluco ein traditioneller Kakaoanbauort ist, wurde dort bisher fast ausschließlich Trinkkakao hergestellt, ein traditionelles Lieblingsgetränk der Salvadorianer. Die kleine Fabrik, in der in Handarbeit aus Kakaobohnen letztlich Schokolade hergestellt wird, ist Teil eines landesweiten Projektes. Mit Hilfe der Kakaobohne, eines fast verloren gegangenen alten Kulturgutes, soll die wirtschaftliche Situation der Landbewohner – und insbesondere der Frauen – verbessert werden.
Vor kurzem hatten die Bauern große Einbußen erlebt, nachdem der Getreideschwarzrost-Pilz rund ein Fünftel der Kaffeepflanzen befallen hatte, mit denen El Salvador einen großen Teil seines Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftete.
Der Kakao soll es nun richten. Ziel ist nicht allein, die Anbauflächen für Kakaobohnen zu vermehren, sondern die Früchte im Land selbst zu Schokolade zu verarbeiten. Das Projekt setzt dabei auf Bioanbau und handgemachte Erzeugnisse.
Kakao soll 10.000 Familien ernähren
Im vergangenen Dezember wurde zur Umsetzung der Idee die Kakaoallianz El Salvadors gegründet. Darin sind Landwirte sowie Landwirtschaftskooperativen zusammengeschlossen und Frauen, die sich zu Kakaofachpersonal weitergebildet haben. Die Allianz will dafür sorgen, dass im Laufe der kommenden fünf Jahre rund 10.000 Familien von der Herstellung von Schokolade und dem Anbau der Kakaobohnen auf insgesamt 10.000 Hektar Land leben können. Direkt und indirekt sollen 27.000 Stellen geschaffen werden.
„Zum einen geht es hier darum, einer alten Kulturpflanze, die hier beheimatet war, wieder zu neuem Aufschwung zu verhelfen“, erklärt María de los Angeles Escobar, Leiterin des Kulturhauses von Caluco. „Es geht aber auch um die wirtschaftliche Entwicklung der lokalen Gemeinschaften.“
38 Prozent der 6,2 Millionen Salvadorianer leben in ländlichen Gebieten. Viele von ihnen haben es schwer, mit ihren Erzeugnissen genug zu erwirtschaften, um über die Runden zu kommen.
Für viele bedeutete der Einbruch der Kaffeeproduktion einen herben wirtschaftlichen Verlust. Ein weiteres Problem ist darüber hinaus die große Trockenheit, die das Wetterphänomen El Niño in den vergangenen Wochen über das Land gebracht hatte. Vor allem der Anbau von Mais und Bohnen leidet darunter.
Diversifikation des landwirtschaftlichen Anbaus
Der wachsende Kakaoanbau soll ein Ausweg aus der Krise sein und den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse im Land diversifizieren. Im Westen des Landes nehmen neben Caluco vier weitere Gemeinden an dem Projekt teil: San Antonio del Monte, Nahuilingo, Izalco und Nahuizalco. Zusammen haben sie die Landwirtschaftliche Produktions- Kooperative Cacao Los Izalcos gegründet.
Auf insgesamt 111 Hektar baut die Kooperative bereits Kakao an. Weil die Bäume schattig aufwachsen müssen, setzen sie sie auf ihre bisherigen Felder zwischen andere Obstbäume und Stauden. In den ersten Monaten des Projektes werden landesweit in erster Linie Samen gesät und Jungpflanzen eingesetzt. Drei Jahre dauert es, bis ein Kakaobaum die ersten Früchte trägt.
Nur in Caluco wird bereits Schokolade hergestellt. Hier war der traditionelle Anbau der Kakaopflanzen nicht verloren gegangen. Ein großes Glück, denn der Kakao der Region, in der früher das Volk der Pilpil angesiedelt war, galt während der Kolonialzeit als besondere Delikatesse. Hier gab es bereits vor Beginn des Projektes Landwirte, die Kakaobohnen anbauten. Caluco stellte auch das meiste Saatgut für die anderen Gemeinden zur Verfügung.
Doch auch in Caluco soll die Produktion gesteigert werden. „Noch stellen wir nur wenig Schokolade her, aber ich hoffe, dass es nächstes Jahr schon viel mehr sein wird“, sagt Raquel Santos, Vizepräsidentin der Kooperative, gegenüber IPS. Wenn die Produktion erst einmal gut läuft, will die Kooperative jeden Monat 500 Kilogramm Kakao produzieren. Langfristig ist auch eine industrielle Produktion angedacht.
Tragende Rolle für Frauen
Frauen sollen eine tragende Rolle im Projekt einnehmen. Dem lokalen Kakaokomittee von Caluco gehören 29 Landwirte und 25 Frauen an, die aus dem Kakao Schokolade herstellen. Das Komitee sorgt außerdem bereits jetzt für den Nachwuchs: In der Dorfschule geben die Mitglieder Unterricht im Anbau von Kakaopflanzen genauso wie in der Geschichte des Anbaus und Konsums von Kakao im Land.
Die Allianz plant, alle Kakaopflanzen biologisch anzubauen. „Es geht um das Wohl der Natur“, erklärt Griselda Alvarenga, Beraterin der Allianz, gegenüber IPS. „Aber ausschlaggebend für unsere Entscheidung war auch, dass Bioprodukte mehr Geld einbringen.“