
Die Umweltaktivistin Olga Vargastiene vor einem Gewächshaus. Foto: Diego Arguedas Ortiz/IPS
Von Diego Arguedas Ortiz
Pital, Costa Rica, 4. April 2014 (IPS) – Olga Vargas und ihre Freundinnen beteiligen sich mit der Zucht und dem Ausbringen von Baumsetzlingen an einem Waldschutzprogramm im Norden von Costa Rica. Die 14-köpfige Gruppe ist fest entschlossen, mit ihrer Arbeit einen Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten. Und ganz nebenbei erlangen die Frauen die Kontrolle über ihr eigenes Leben und über Land, das sich meist in Besitz der Männer befindet.
Die ‚Frauenvereinigung der Großen Schlucht von Pital‘ hat bereits auf einem vom Agrarentwicklungsinstitut bereitgestelltem Stück Land in der Ortschaft Pital im Bezirk San Carlos 12.000 Bäume gepflanzt, Kurse zum Schutz der Umwelt organisiert und Aufzuchtbecken für Tilapia-Buntbarsche angelegt. Außerdem engagiert sie sich für Öko-Tourismus und biologische Landwirtschaft.
Ein Streit der Dorfgemeinschaft um die Zuständigkeit des Areals sowie Vargas‘ Krebserkrankung brachten das seit 2000 laufende Aufforstungs- und Umwelterziehungsprojekt vorübergehend zum Erliegen. Doch inzwischen bereitet sich die vom Krebs kurierte Vargas mit ihrer Gruppe auf einem anderen, knapp einen Hektar großen Grundstück auf einen Neubeginn vor.
„Seit der Krebserkrankung fühle ich, dass Gott mir eine zweite Chance gibt, um das Projekt fortzusetzen und meinen Freundinnen zu helfen“, sagt die 57-Jährige, von Beruf her Buchhalterin. Vargas hat vier Kinder und sechs Enkel. Ihre beiden erwachsenen Töchter beteiligen sich an dem Projekt. Auch ihr Mann habe sie immer unterstützt, betont sie.
Das Höchste, was die Vereinigung je an Einkünften erzielt hat, waren 14.000 US-Dollar. Verteilt auf die einzelnen Mitglieder, die zwischen 18 und 67 Jahre alt sind, sei das nicht viel, räumt Vargas ein. „Doch für uns Frauen auf dem Land, die unsere Männer immer um Geld für Haushaltsdinge oder Arztbehandlungen bitten mussten, ist das eine Menge.“
Die Frauen dort, wo die Lokalbehörden versagen Mit der Initiative steht sie nicht allein. Im Laufe der vergangenen zehn Jahre haben sich überall in dem kleinen zentralamerikanischen Staat Frauen zusammengeschlossen, um gegen den Waldschwund vorzugehen. Durch die Zucht und das Ausbringen von Setzlingen reagierten sie auf das Versagen der Bezirksbehörden, dem Waldschwund angesichts der veränderten Bodennutzung entgegenzuwirken.
„Der Klimawandel wirkt sich auch sehr negativ auf die Agrarproduktion aus“, sagt Vargas. „Es wird hier sehr heiß, und die Flüsse sind in einem beklagenswerten Zustand. Vor vier oder fünf Jahren führten sie viel Wasser, doch inzwischen ist nur noch ein Drittel oder ein Viertel davon übrig geblieben.“
In San Ramón de Turrialba, 65 Kilometer östlich der Hauptstadt San José, arbeiten sechs Frauen in einem Gewächshaus, in dem sie jährlich rund 20.000 Baumsetzlinge ziehen. Seit 2007 stehen die Mitglieder der ‚Agroindustriellen Frauengruppe von San Ramón‘ in Kontakt mit dem Stromversorger ICE, dem sie Akazien-, mexikanische Zedern- und Eukalyptussetzlinge liefern.
Wie die Koordinatorin Nuria Céspedes berichtet, fing alles damit an, dass sie ihren Mann um ein Stück Land gebeten hatte, um dort ein Gewächshaus zu bauen. „Zuvor hatte ich an einigen Treffen teilgenommen, bei denen es um biologische Korridore ging. Das Problem der Entwaldung ging mir sehr nahe. Ich hörte, wie sich der Klimawandel durch den Baumschwund verschlimmert hat.“
Costa Rica, das für seine Artenvielfalt bekannt ist, gehört zu den wenigen Ländern auf der Welt, die den Waldschwund erfolgreich aufhalten konnten. 1987 waren nur noch 21 Prozent des Staatsgebietes bewaldet, ganze 19 Prozent weniger als 1940. Seit dem Ende der 1980er Jahre wird ein Aufforstungsprogramm vorangetrieben, das den Anteil der Waldflächen bis 2012 wieder auf 52,3 Prozent erhöhen konnte.
Costa Rica hat sich zum Ziel gesetzt, spätestens 2021 als erstes Land der Welt CO2-neutral zu sein. Im Kampf gegen den Klimawandel plant der Staat, durch die Kohlendioxid-Bindung in den Wäldern zu 75 Prozent zur Verringerung der CO2-Emissionen beizutragen, die für die Erreichung dieses Ziels notwendig ist. In dem Land mit etwa 4,4 Millionen Einwohnern haben die Frauen beim Waldschutz eine Nische gefunden, die es ihnen auch ermöglicht, gegen geschlechtsspezifische Vorurteile und die starke Konzentration von Land in den Händen von Männern anzugehen.